Aerials-Trainer Michel Roth: «Es war eine unglaubliche Saison»

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Noé Roth posiert mit einigen seiner Trophäen aus dem vergangenen Winter.

Mit WM-Gold sowie dem Gesamtweltcup-Sieg von Noé Roth und zwei weiteren Schweizern in den Top 10 der Aerials-Gesamtwertung ist die Saison für die Equipe von Michel Roth äusserst erfolgreich zu Ende gegangen. Wie der Cheftrainer die Leistungen seiner Athletinnen und Athleten beurteilt und welche Erfolge er am höchsten gewichtet, verrät er im Interview.

Michel, vor der Saison hast du gesagt, du möchtest nach dem Winter als Überblick des Saisonfazits lesen: «Das Aerials-Team hat wieder zugeschlagen». Nun ist der Winter vorbei. Wie lautet dein Fazit?
Michel Roth: (lacht) Da hatte ich wohl gar nicht so Unrecht gehabt. Das Bauchgefühl war nicht so schlecht. Ich denke, wir haben die wichtigsten Dinge sehr gut gemeistert mit einer WM-Medaille und den Plätzen eins und drei im Gesamtweltcup. Bei den Männern sind wir das beste Team, was sehr cool ist. Wenn wir die zwei Frauen, die mit uns trainieren – Laura Peel aus Australien und Emma Weiss aus Deutschland – dazuzählen, dann gewinnen wir sogar die Teamwertung.

Mit Noé hat zum ersten Mal überhaupt ein Schweizer Aerials-Athlet WM-Gold gewonnen. Was bedeutet es dir, diesen Erfolg massgeblich mitgeprägt zu haben?
Ich bin natürlich überglücklich, hat Noé es geschafft. Es ist richtig cool, gerade weil die Woche in Georgien so schwierig war aufgrund des Windes. Damit war es fast noch emotionaler am Schluss, dass es wirklich geklappt hat. Bei solchen Verhältnissen zu springen, ist wirklich gefährlich, du musst schauen, dass du dich nicht verletzt. Deshalb haben wir zurückgenommen, nicht zu viel riskiert – und uns gesagt: «Wenn es aufgeht, geht es auf.» Es war der Hammer, hat es dann geklappt.

Neben WM-Gold hat Noé auch den Gesamtweltcup gewonnen. Welcher Erfolg hat den höheren Stellenwert?
Wahrscheinlich hat der WM-Titel mehr Kraft, aber der Gesamtweltcup zeigt übers ganze Jahr die Konstanz eines Athleten, macht klar, dass er der beste Springer der gesamten Saison war. Sportlich ist der Gesamtweltcup deshalb wohl das Grössere, was sich auch an Noé zeigt, dem sehr viel am erneuten Sieg gelegen hat. Die Wirkung des Weltmeister-Titels hingegen ist wohl grösser.

Was bleibt dir sonst im Kopf aus der Saison?
Beim Heim-Weltcup in St. Moritz war uns sehr wichtig, dass wir eine gute Leistung zeigen konnten. Das haben wir geschafft. Natürlich wäre der Weltcup-Sieg da das Tüpfelchen auf dem I gewesen, aber auch sonst war es eine unglaubliche Saison. Der Gesamtweltcup-Sieg von Noé, zudem Pirmin auf Platz drei und Andrin auf Platz sieben. Und Noé hat in sechs Weltcup-Wettkämpfen fünf Podestplätze geholt, was super ist. Bei gesamthaft 36 Weltcup-Starts hat er nun 17 Podestplätze vorzuweisen – eine 50-Prozent-Quote bei Podestplätzen ist nicht so schlecht.

Pirmin Werner hat die Saison mit einem Sieg eröffnet und mit einem Sieg beendet. Warum hat es in diesem Winter dazwischen nicht geklappt mit einem weiteren Triumph?
Pirmin war wohl etwas zu lieb.

Was meinst du damit?
Sein Absprung war nicht bei 100 Prozent. Dort musst du voll angreifen, voll gespannt sein, das war er während der Saison nicht immer. Es braucht so wenig – er kann immer gewinnen, aber er kann die Qualifikation für den Super-Final auch verpassen. Daran arbeiten wir, weil wir alle wissen: Er kann es ja. Das hat er uns in Ruka gezeigt, als er nichts zu verlieren hatte, und das hat er uns auch zum Schluss in Almaty gezeigt, wo er nur noch gewinnen konnte, wenn er alles geben würde, entsprechend hat er angegriffen. Nun arbeiten wir daran, dass das immer gelingt.

Siehst du Noé und Pirmin in dem Fall bald im Duell um die vordersten Plätze?
Absolut, wir können uns auf einen Zweikampf freuen nächstes Jahr, wenn alles gut läuft. Bei beiden liegt viel drin, beide können sich aber auch noch steigern. Das wird sicher spannend. Wenn man sich gegenseitig so fordern kann, ist das ein riesiger Vorteil. Noé wird Gas geben müssen, Pirmin wird drücken. Das wird beide pushen – aber sie mögen sich Erfolge auch immer gegenseitig gönnen, das ist schön und nicht selbstverständlich.

Neben Pirmin und Noé hat allen voran auch Andrin Schädler in dieser Saison überzeugt. Wie siehst du seine Saison?
Andrin hatte eine sehr gute Saison. Er hat sich massiv gesteigert, die Saison beendete er unter den besten zehn im Gesamtweltcup. Er hat gute Möglichkeiten, noch weiter nach vorne zu kommen. Er ist sehr nahe am Podest. Auch Nicolas Gygax hat eine starke Saison mit zwei Top-6-Plätze gezeigt, was der Team-Wertung sehr gedient hat. Wir haben ein starkes Männer-Team.

Das Frauen-Team bestand wegen Verletzungen nur noch aus Alexandra Bär. Wie wird das kommende Saison aussehen?
Ich bin froh, kommt Carol Bouvard zurück. Sie hatte gute Fortschritte gemacht bis zu ihrer Verletzung, hoffentlich wird sie daran anknüpfen können – aber da bin ich sehr positiv. Bei Alexandra muss noch der Knopf aufgehen, damit sie konstant gute Sprünge zeigt, die sie draufhat. Bei den Frauen gibt es also noch etwas zu tun.

Die Junioren-WM hat das Schweizer Team mit einem 16. und einem 17. Platz bei den Männern abgeschlossen. Inwiefern wurden damit die Erwartungen erfüllt?
Bei Fabian Bader hätte man sich einen Platz in den Top 10 erhofft, aber er hat derzeit einige Probleme in der Landung. Im Nachwuchs gibt es sicher etwas zu tun; wir benötigen neue Kunstturn-Talente, Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger, mit der wir die Lücke schliessen können.

Wie geht es für euch in den kommenden Wochen weiter?
Jetzt im April haben die Athletinnen und Athleten zwei Wochen Pause, dann geht es mit dem Konditionstraining weiter. Anfang Mai fangen wir an mit dem Krafttraining im OYM, wo wir den Aufbau machen. Ab Mitte Mai dann trainieren wir wieder auf der Wasserschanze im Jumpin in Mettmenstetten – nach der Saison ist vor der Saison.